Donnerstag, 30. April 2015

Mordfall Frederike von Möhlmann

Etwa zu der Zeit als am Abend des 4. November 1981 die Tagesschau im Fernsehen lief, endete das Leben der erst 17jährigen Frederike von Möhlmann aus Oldau auf grausamste Weise. Sie wurde Opfer eines bestialischen Sexualverbrechens - und ihr Mörder konnte sich bis zum heutigen Tag seiner Strafe entziehen, denn er wurde vor Gericht freigesprochen...

Nach Frederikes Verschwinden erschien zunächst noch folgende Suchmeldung in der Celleschen Zeitung, in der die Kripo Celle um sachdienliche Hinweise bat:


Doch die Hoffnung Frederike noch lebend aufzufinden, erstarb schon kurz darauf. Eine Familie stieß während ihres Spaziergangs am Sonntag gegen 14 Uhr, also vier Tage nach der Tat, in der Nähe des Bruchwegs auf Frederikes Leiche. Am Dienstag, 10. November 1981, erschien dann dieser Bericht in der Celleschen Zeitung:


Der Bruchweg | An einem Seitenweg (rechtes Bild) fand man die Leiche von Frederike
Fotos vom Tatort im Wald bei Hambühren
(Screenshots aus dem „akte2015“-Beitrag vom 6. 10. 2015)

Es dauerte nicht sehr lange, bis die Polizei eine heiße Spur zum Täter vorweisen konnte. Reifenspuren, die bis auf zwei Meter an den Leichenfundort heran- und dann zurück auf den Bruchweg führten, konnten dem BMW 1602 von Ismet H. zugeordnet werden: ein 22jähriger Türke, der damals in Celle wohnte. Wie die Polizei weiter ermittelte, hatte H. für den Abend des 4. November 1981 kein Alibi. Faserspuren an Frederikes Kleidung und Unterwäsche stimmten mit Textilien in H.s Wagen überein. H. bestritt zwar seine Schuld, dennoch wurde er angeklagt und schließlich am 1. Juli 1982 vom Lüneburger Schwurgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Dieses Urteil wurde jedoch nach erfolgreichem Revisionsantrag der Verteidigung am 25. Januar 1983 vom Bundesgerichtshof aufgehoben und der Fall an das Gericht nach Stade verwiesen. Die dortigen Richter waren von H.s Schuld letztlich nicht überzeugt, was vor allem an einem neu hinzugezogenen Gutachten eines Reifensachverständigen lag. Dieser konnte angeblich keine Übereinstimmung mit den Spuren am Fundort und den Reifen an H.s Fahrzeug herstellen. Den Faserspuren kam „kein überragender Beweiswert“ zu, sodass Ismet H. vom Stader Gericht freigesprochen wurde.

Heute, mehr als 30 Jahre nach der Tat, konnte auf Drängen von Frederikes Vater mittels DNA-Test bewiesen werden, dass Ismet H. doch der Täter ist. Obwohl seine Schuld jetzt zweifelsfrei feststeht, kann der heute 56jährige wegen des Mordes strafrechtlich nicht mehr belangt werden, denn ein Freigesprochener kann nicht ein zweites Mal wegen desselben Verbrechens vor Gericht gestellt werden. Somit bleibt der grausame Mord an Frederike wohl für immer ungesühnt - es sei denn, es gelänge dem Vater mit einem allerletzten Versuch, nämlich dass es mittels einer Zivilklage doch noch zu einer Verurteilung von Ismet H. kommt. Die Chancen dafür stehen jedoch schlecht, denn der Mörder müsste nun von sich aus ein erneutes Verfahren anstreben, um den schweren Vorwurf der Vergewaltigung und des Mordes auszuräumen.

Die NEUE PRESSE berichtet in ihrer Ausgabe vom 29. April 2015 dazu im folgenden Artikel:

Bericht aus der NEUE PRESSE vom 29. April 2015
Bericht aus der NEUE PRESSE vom 29. April 2015

Und auch in der Celleschen Zeitung findet sich am selben Tag dieser Bericht:

Cellesche Zeitung vom 29. April 2015

Auch der SPIEGEL berichtet in seiner Ausgabe vom 25. April 2015 auf den Seiten 60 bis 62 über die juristische Faktenlage und ebenfalls sehr detailliert über das Verbrechen an Frederike von Möhlmann:

Artikel aus dem SPIEGEL vom 25. April 2015
Artikel aus dem SPIEGEL vom 25. April 2015
Artikel aus dem SPIEGEL vom 25. April 2015

Am Samstag, 2. Mai 2015, berichtet unter anderem auch die Cellesche Zeitung über die Entwicklung in diesem Fall. So übernimmt z. B. der Hannoveraner Anwalt Matthias Waldraff das Mandat als Verteidiger für Ismet H. - hier die Berichte dazu:

Berichte aus der Celleschen Zeitung vom 2. Mai 2015

Frederikes Vater, Hans von Möhlmann, war am 5. Mai 2015 Gast in der Sendung „Menschen bei Maischberger“. Hier der Link zum Mitschnitt dieser Sendung: „Tatort Gerichtsaal: Wie unberechenbar ist unsere Justiz?“

Screenshot aus der Sendung „Menschen bei Maischberger“ zum Thema:
„Tatort Gerichtsaal: Wie unberechenbar ist unsere Justiz?“

Update vom 10. September 2015

Jetzt ist es amtlich: Das Landgericht Lüneburg hat am 9. September die Zivilklage von Frederikes Vater abgewiesen, da die Fristen dafür inzwischen abgelaufen sind. Hans von Möhlmann kämpft aber weiter, die nächste Instanz wäre das Oberlandesgericht in Celle. Außerdem hat von Möhlmann eine Online-Petition initiiert, die an den Justizminister gerichtet ist. Die Petition findet sich unter folgendem Link: Online-Petition.

Hier der Artikel über die Abweisung der Zivilklage aus der Hannoverschen „Neue Presse“ vom 10. September 2015:

Artikel aus der „Neue Presse“ vom 10. 9. 2015

Update vom 7. Oktober 2015

In der Sendung „akte 2015“ wurde über den ungesühnten Mordfall berichtet. Hier der Bericht dazu:



Update vom 18. April 2016

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat am 14. April 2016 die Schmerzensgeldklage von Hans von Möhlmann endgültig abgelehnt und damit das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 9. September 2015 bestätigt. Damit ist der Fall nun juristisch abgeschlossen.

Artikel aus der Celleschen Zeitung vom 15. April 2016


Quellen: Fotos eigene (April 2015); Cellesche Zeitung aus dem November 1981 und aus dem April/Mai 2015 sowie April 2016 (bzw. wie angegeben); Neue Presse vom 29. April 2015 (wie angegeben); SPIEGEL vom 25. April 2015 (wie angegeben).

Mittwoch, 1. April 2015

Zeitbombe Altlasten: Millionenkosten kommen auf Hambühren zu!

Die im Auftrag der Landesregierung seit Beginn des Jahres 2014 durchgeführten Bodenuntersuchungen zum Auffinden von alten Bohrschlammgruben in Niedersachsen haben in Hambühren leider zu besorgniserregenden Ergebnissen geführt: Nun drohen gewaltige Kosten auf die Gemeinde zuzukommen.
 
Wie in den vergangenen Monaten immer wieder aus der Tagespresse zu erfahren war, haben Landkreis Celle und Zweckverband Abfallwirtschaft im Auftrag der Landesregierung seit geraumer Zeit umfangreiche Bodenuntersuchungen im gesamten Landkreis vorgenommen, um ehemalige Bohrschlammgruben aufzuspüren. Dabei wurde zunächst nur stichprobenartig vorgegangen, denn für flächendeckende Analysen fehlen schlicht die Finanzmittel: Eine einzige Bodenuntersuchung kann bis zu 10.000 € kosten! Doch allein diese ersten Stichproben haben zumindest in Hambühren schon voll ins Schwarze getroffen: Neben ernsthaften Bodenverunreinigungen rund um das ehemalige Ölfeld bei Rixförde wurde auch am ehemaligen Kalischacht „Prinz Adalbert“ in Ovelgönne Alarm geschlagen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass eine gigantische Zeitbombe im Hambührener Untergrund tickt.
Mit den giftigen Bohrschlämmen wurde in der Vergangenheit nicht immer besonders verantwortungsvoll umgegangen. So wurde bis in die 1960er Jahre hinein oft in unmittelbarer Nähe zu den produktiven Bohrungen lediglich eine Grube ausgehoben, in die dann die giftigen Bohrschlämme geleitet wurden, um dort zu versickern. Später ging man dazu über, zentrale Bohrschlammgruben anzulegen. Nach Beendigung des Bohrbetriebs (z. B. auf dem Rixförder Ölfeld zu Beginn der 1970er Jahre) wurden diese kleineren Gruben meist lediglich mit Erde überdeckt und danach sich selbst überlassen. Man kann sich leicht vorstellen, dass dieser sorglose Umgang mit den giftigen Hinterlassenschaften keine endgültige Lösung sein konnte. Somit rückte bei den aktuellen Bodenuntersuchungen das ehemalige Ölfeld bei Rixförde mit seinen über 450 Bohrungen ganz besonders in den Fokus der Behörden.Und, wie eingangs schon erwähnt, wurde man dort bereits bei den ersten stichprobenartigen Untersuchungen fündig.

Entnahmestellen der bereits durchgeführten Bodenproben auf dem
ehemaligen Ölfeld Rixförde und am ehemaligen Schacht Prinz Adalbert

Doch abgesehen von der Tatsache, dass hier wohl noch hunderte ungesicherter und unentdeckter Bohrschlammgruben zu finden sein werden, ist ein noch viel gravierender Vorgang zu bedenken: Nachdem das Ölfeld bei Rixförde geschlossen wurde, hat man große Mengen Bohrschlamm von dort per Lkw nach Ovelgönne gekarrt, um diesen im ehemaligen Kalischacht „Prinz Adalbert“ kostengünstig zu entsorgen! Aus heutiger Sicht ein geradezu unglaublicher Vorgang, dem damals allerdings nur wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde. Mittlerweile sieht die Sache aber leider ganz anders aus. Mit der Versiegelung des Schachtes im Jahr 1995 schien zunächst ein endgültiger Abschluss mit der Schachtvergangenheit vollzogen, getreu dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“. Doch durch die aktuellen Bodenuntersuchungen wurde man leider eines besseren belehrt. Diese lassen nämlich auf eine Durchsickerung der maroden Schachtwände mit den giftigen Rückständen aus dem Bohrschlamm schließen, denn das Erdreich in unmittelbarer Nähe zur Schachtwand weist inzwischen eine erhebliche Belastung mit z. B. Stärke, Schwerspat, Natronlauge und diversen ölhaltigen Rückständen auf.

Im Sommer 1971 wird Bohrschlamm vom Rixförder Ölfeld in den Schacht gekippt.
(Bildquelle: Heft "Entstehung von Ovelgönne" von R. Fabisch)

Wieviel Bohrschlamm damals genau in den Schacht gekippt wurde, lässt sich heute nicht mehr mit letzter Sicherheit sagen. Fakt ist jedoch, dass zum Zeitpunkt der Schachtversiegelung (1995) keine Kontaminierung des Bodens festgestellt wurde – heute jedoch, 20 Jahre später, ist das Erdreich rund um den Schacht stark belastet. Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, beschäftigt man sich zurzeit im Hambührener Rathaus mit dem Worst-Case-Szenario, dass nämlich eine umfassende Schachtsanierung und -öffnung wohl unumgänglich sein wird. Der im Schacht lagernde Bohrschlamm muss aus der Tiefe geholt und auf einer Sonderdeponie endgelagert werden. Bürgermeister Herbst ist sich sicher, dass die Wintershall, die den Bohrschlamm einst im Schacht entsorgen ließ, wohl den Großteil der Bergungs- und Lagerungskosten tragen muss. Es ist allerdings anzunehmen, dass darüber letztlich die Gerichte entscheiden werden – was sicher Jahre wenn nicht Jahrzehnte dauern wird. Diese Zeit hat Hambühren jedoch ganz und gar nicht, denn die Probleme mit dem kontaminierten Boden sind jetzt akut und können nicht auf die lange Bank geschoben werden.Vorsichtshalber wurden deshalb bereits jetzt schon diejenigen Grundeigentümer von der Gemeinde benachrichtigt, deren Grundstücke in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Schachts bzw. genau darüber liegen. Man munkelt, dass mit der Schachtöffnung bereits im dritten Quartal 2015, also im Juli oder August, begonnen wird.

Abgeholzter Wald zwischen Neubaugebiet Versonstraße und Ahornallee
(Foto: eigenes, März 2015)

Weiterhin stellt sich die Frage, wie mit dem Neubaugebiet Versonstraße umgegangen werden soll. Ganz aktuell wurden in den vergangenen Wochen bereits die Bäume zwischen Neubaugebiet und Ahornallee gefällt, um die nächste Ausbaustufe des Baugebietes in Angriff zu nehmen. Ob der weitere Ausbau in Hinsicht auf die neuen Erkenntnisse nun überhaupt begonnen werden kann ist mehr als fraglich. Denn dass hier zumindest Teile des Bodens kontaminiert sind ist relativ sicher. Und selbst die bereits während der ersten Ausbaustufe bebauten Grundstücke werden nun wohl noch einmal einer genaueren Prüfung unterzogen werden. Im schlimmsten Fall müsste auch dort eine teure und extrem aufwändige Bodensanierung stattfinden.

Um die gewaltigen Kosten nicht allein tragen zu müssen, werden die Celler Behörden deshalb vom Land Niedersachsen im Rahmen des sogenannten Altlastenprogramms eine Kostenübernahme von rund 75% beantragen. Und die Gemeinde Hambühren hat für den aktuellen wie auch den kommenden Haushalt jeweils eine „hohe sechsstellige Summe“ abgestellt, um mit den dringendsten Arbeiten rasch beginnen zu können.

Meiner Meinung nach sollte man diesen Umstand der wohl unumgänglichen Schachtöffnung nutzen, und diesen nach dem Ausräumen der kontaminierten Böden offen lassen. Eventuell bietet sich die Möglichkeit einer touristischen Nutzung des Schachtes. Dann könnten langfristig vielleicht sogar Gelder an die Gemeinde zurückfließen. Darüber sollte nachgedacht werden!


Quellen: Fotos eigene, soweit nicht anders gekennzeichnet. Informationen über die Bodenuntersuchungen zur Bohrschlammproblematik entstammen der Tagespresse, alles andere an diesem Bericht ist jedoch frei erfunden - es handelt sich hierbei um einen Aprilscherz!