Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Hambührener Kaserne


Die Hambührener Kaserne befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Lufthauptmunitionsanstalt 1/XI (Muna) Hambühren, mit deren Aufbau im Jahr 1939 auf einer Fläche von rund 4 km² begonnen wurde.
Mit der Produktion von Flugabwehrgranaten, hauptsächlich 8,8 cm Flakmunition, wurde 1942 begonnen. Bis Kriegsende wurden rund 10 Mio. Schuss produziert.

Kurz vor dem Einmarsch der Engländer wurde im April 1945 durch die Wehrmacht mit der Sprengung von Munitionsbunkern begonnen. Nach der Einnahme durch die Engländer wurden zunächst weitere Gebäude der Muna gesprengt. Später erlaubte man jedoch den Ausbau der Bunker und Lagerhallen zu Wohnzwecken.

Die Gebäude im nördlichen Teil der Muna an der Reichsstraße 214/Hermann-Göring-Straße blieben von den Sprengungen verschont (heller Bereich auf der nachfolgenden Karte). Sie beherbergten nach dem Krieg zunächst die Engländer.


Am 1. August 1949 übergab die britische Demobilisierungskommission den Kasernenbereich auf dem ehemaligen Gelände der Munitionsanstalt den deutschen Behörden. Bis 1953 waren hier zunächst die R.E.M.E., die "Royal Electrical and Mechanical Engeneers" untergebracht. Danach wurde hier eine Nachrichteneinheit der Royal Air Force stationiert, die ein großes Antennenfeld errichtete. Im November 1957 erfolgte schließlich die Übergabe der Kaserne an die Bundeswehr - erster Nutzer war die 2. Fernmeldeabteilung 711 aus Bückeburg.

Diese Aufnahmen von Helmut Cohrs zeigen den Kasernenbereich in den Jahren 1986-87

Im Mai 1958 entstand der Fernmeldesektor B. Eine 1966 errichtete Fußgängerbrücke über die Bundesstraße 214 verband fortan das südliche mit dem nördlichen Kasernengelände. Im August 1968 wurde eine Fernmeldeeinheit aus Osnabrück (II./FmSkt D) nach Hambühren verlegt. Aus dem bereits im Juli 1961 vom Fernmeldesektor B abgezweigten Fernmeldesonderzug wurde im September 1968 der Fernmeldesektor Q.


Nach der Wende 1989 rückten die Soldaten zusammen und machten 200 DDR-Übersiedlern Platz. Ein Jahr später kamen 200 Rumäniendeutsche hinzu und 1991 war der gesamte nördliche Kasernenbereich hergerichtet für die Aufnahme von Aussiedlern und Asylanten.

Das folgende Foto zeigt das Wachgebäude 211, das erste fertig gestellte Gebäude der damaligen Muna; ganz links der Rohbau des Verwaltungsgebäudes 213, später Sitz des Luftwaffenbauamtes Hannover (Aufnahme ca. 1943/44).


Im April 1992 fiel die Entscheidung, den Fernmeldesektor Q zum 30. September 1993 aufzulösen. 25 Jahre Fernmeldesektor Q/Fernmelderegiment 71 und 36 Jahre Luftwaffe der Bundeswehr am Standort Hambühren gingen damit zu Ende.

Am 31. März 1994 wird mit der letzten Flaggenparade die Bundesdienstflagge letztmalig am Kasernentor eingeholt. Danach verliessen die Soldaten die Kaserne.


Die Kasernengebäude standen dann teilweise leer oder fanden private und gewerbliche Nachnutzer. Ende der 90 Jahre wurden schließlich alle Kasernengebäude abgerissen, um einem Neubaugebiet Platz zu machen. Heute stehen auf dem Gelände südlich der Bundesstraße 214 Wohnhäuser und ein Lild-Markt. Der nördlich der B214 gelegene Bereich ist geräumt und liegt seitdem brach.


Die folgenden Fotos vom Abriss der Kasernenanlagen hat mir dankenswerterweise Hans Hövelmann zur Veröffentlichung überlassen:


Außer den Straßenbezeichnungen im Neubaugebiet ("An der Wache", "Morseweg", "Zur alten Kaserne") und einem Gedenkstein an der Ecke B214/Ostlandstraße erinnert heute nichts mehr an die Hambührener Kaserne.

Der Gedenkstein an der Ecke Ostlandstraße/B214
[Quellen (Auszüge): Heft "Muna Hambühren" von Rainer Fabisch; Infos von der Seite der Unteroffizier-Vereinigung Hambühren; Luftbild: Tharra; Fotos (teilweise) Johann Adam, Hans Hövelmann, Helmut Cohrs, eigene]

10 Kommentare:

  1. Hallo!

    Danke für die Geschichte der Kaserne!

    Im Buch "Covert Radar and Signals Interception: The Secret Career of Eric Ackermann" werden die britischen Aufklärungseinheiten aufgelistet, die schon vor der Bundesluftwaffe in "RAF (Royal Air Force) Hambühren" Fernmeldeaufklärung betrieben haben und hierfür die Antennenmasten errichteten. Dort sind auch Fotos aus deren Zeit abgedruckt.
    Auszüge hier:
    https://books.google.de/books?id=smJEBgAAQBAJ&pg=PA145&lpg=PA145&dq=raf+hambühren

    Die ersten ehemaligen DDR-Bürger (kamen aus der Prager Botschaft) waren bereits am Abend des Mauerfalls bei "Lindi" (Mannschaftsheim) und nicht erst "nach der Wende". Ich kann mich noch gut an deren Jubelschreie erinnern als im Fernseher die Bilder der Maueröffnung gezeigt wurden.

    MfG
    R.G.

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  2. Klingt sehr interessant!
    Weiss man, welche Aufgabe die Bundeswehr-Fernmeldeeinheiten hatte? Die Antennen standen doch auch noch zu BW-Zeiten dort, oder?

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    1. Abhören Morsefunk der sowjetischen Streitkräfte in der DDR

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  3. Nicht nur Morsefunk. Der Sektor Q hatte die Aufgabe, sogenannte Sonderbetriebsarten (Funkfernschreiben) zu beobachten.

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  4. Vielen Dank für die Fotos. Schade, jetzt gehört der Sektor zu den "Lost Places"
    Ich war von 1982 bis 1986 dabei, als Fernschreiber (OG). Es war eine schöne und interessante Zeit. Besonderen Dank an meine Kameraden und Vorgesetzten mit denen ich gerne zusammengearbeitet habe.
    Danke auch an die Kameraden die sich die Zeit genommen haben das "El Lobbo" zu bewirtschaften.
    Schade daß ich nicht mehr weiß wie das sektor-interne Kartenspiel "Goofeln" gespielt wird.

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  5. Nicht zu vergessen die Unteroffiziers-Ausbildung für das FmRgt. 71. Was wurde die Brücke verflucht, vor allem nach Gefechts-/Nachtübungen im weichen Heidesand.

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  6. Ich wohne zwar nur ca.80 km entfernt und war von Okt.92 bis Juni 93 dort stationiert, bin aber nie wieder dort gewesen. Nun habe ich diese Berichte gefunden und habe mir ein wenig wehmütig die Fotos vom Abriss und aktuelle Satelitenbilder von dort angesehen. Es war schon eine schöne Zeit.

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  7. Bin heute zufällig auf diese Seite gestoßen, nachdem ich am Samstag über einen ehemaligen Kameraden nachgedacht habe. Wir waren von 6/85 bis 3/86 als Telegrafiehorchfunker dort. Besonders gute habe auch Luftraumüberwachung gemacht. Immer sensationell, wenn die britische Überschallmaschine die Grenze abgeflogen war und exakt der Schallknall angesagt wurde. Hab auch etwas Wehmut wenn ich den (sinnvollen) Abriss sehe.

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  8. Heute nach 50 Jahren sitz ich mit einem Weggefährten und Freund und lese diese Zeilen ... wir haben beide in einer „Wache“ der Wache 3 von 1971-1973 die „Horchlöffel“ auf gehabt. Heute mit 71 kann ich grad noch meinen Namen morsen (( obwohl wir nur (ab) gehört haben und nie Morsezeichen gegeben haben )) und an die vier Erkennungszeichen einer Leitstelle aus COTTBUS die uns auch mal frohe Weihnachten gewünscht haben : Via Morsezeichen im KLARTEXT 😜 der Andere weiß genau dass man da ist , ABER: nie , ob, wann und wie lange 😜😜

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  9. Kleine Ergänzung dessen was ich grad geschrieben hab : Es ist heute noch sehr aktuell , genau so ! mit anderer , moderner Technik ! an einem anderen Ort , ABER ! Nicht im Kalten Krieg sondern in brandgefährlichen hoch explosiven Zeiten verdammt dicht bei ! Fast um die Ecke .... Ich habe damals in Hambühren mit 21 locker fröhlich meinen Militärdienst ohne Waffe in der Hand defensiv mit ruhigem Gewissen abgeleistet .

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