Vor 40 Jahren wurde ein Stück Hambührener Geschichte dem Erdboden gleichgemacht: der alte Feuerwachturm im „Fahlen Gehege“ wurde 1976 abgerissen. Wahrscheinlich gibt es nicht mehr viele, die sich an diesen Turm noch ernsthaft erinnern. Ich jedenfalls bin nur durch Zufall auf ihn aufmerksam geworden, denn auf einer alten Karte (Preußische Landesaufnahme) entdeckte ich den Eintrag „Feuer-Th.“ auf Hambührener Gebiet - was mich dazu veranlasste, da mal intensiver nachzuforschen.
Karteneintrag Feuerturm |
Anfang des vorigen Jahrhunderts wurde in den großen Waldgebieten in dieser Gegend ein nahezu flächendeckendes Netz von Beobachtungstürmen aufgebaut, damit Waldbrände möglichst frühzeitig erkannt und bekämpft werden konnten. Einer dieser Türme stand unweit der heutigen „Rixförder Straße“ (L 298) in der Gemarkung Nr. 159, wie uns die alte Karte verrät.
In der Literatur fand ich leider keine Hinweise auf diesen Turm, sodass ich mich zunächst einmal selbst auf den Weg machte, um direkt vor Ort nach etwaigen Spuren Ausschau zu halten. Der ehemalige Standort befindet sich heute wie damals inmitten des Waldes, und es gibt tatsächlich noch Spuren dieses Bauwerks! Abseits der Wege stößt man nach einigen Metern waldeinwärts auf eine kleine Freifläche, auf der noch heute die Reste eines gemauerten Fundaments des Turms die Zeit überdauert haben.
Überbleibsel des Feuerwachturms |
Weitere Nachforschungen stellte ich dann im Archiv der Gemeinde Hambühren an. Dabei stieß ich tatsächlich in einem Privatnachlass auf zwei Fotos aus dem Jahr 1976, die den Feuerwachturm wohl kurz vor und nach dem Abriss zeigen (Notiz auf den Bildrückseiten jeweils: „Feuerturm Hambühren 3/76“). Ein anderer Eintrag im Gemeindearchiv sagt aus, dass der Turm wegen Baufälligkeit nicht mehr genutzt werden konnte und daher abgetragen werden musste. Eine mögliche Sanierung wurde wegen der enormen Kosten nicht in Betracht gezogen.
Der baufällige Feuerwachturm kurz vor dem Abriss im März 1976 [Foto aus dem Gemeindearchiv] |
Die traurigen Überreste des Feuerwachturms [Foto aus dem Gemeindearchiv] |
Ebenfalls im Archivbestand der Gemeinde Hambühren habe ich diese interessante Aufnahme aus den 1920er Jahren entdeckt. Leider ist der Name des darauf abgebildeten Mannes unbekannt, zu diesem Foto gibt es lediglich die Notiz „Posten Hambühren, 1924“. Vielleicht erkennt ja jemand die abgebildete Person und kann mir weitere Infos zu ihr geben?!
Unbekannter Mann auf dem Feuerwachturm 1924 [Foto aus dem Gemeindearchiv] |
Der Hambührener Feuerwachturm wurde kurz vor Beginn des ersten Weltkriegs gebaut und hatte zunächst eine Höhe von 35 Metern, die ein paar Jahre später auf stattliche 42 Meter erweitert wurde. Damit war der Hambührener Turm einer der höchsten in dieser Gegend.
Es ranken sich einige interessante Geschichten, oder besser Legenden, um den Hambührener Turm. Während des Zweiten Weltkriegs soll der Posten auch zur Luftaufklärung gedient haben. So soll angeblich der Abschuss zumindest eines feindlichen Flugzeugs im Jahr 1943 zu einem nicht unerheblichen Teil auch dem Beobachtungsposten auf dem Feuerwachturm zu verdanken sein (siehe auch Flugzeugabstürze während des Zweiten Weltkriegs).
Weiterhin sollen sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit zwei Menschen von der Turmspitze aus in den Tod gestürzt haben. Gerüchten zufolge handelte es sich um ein heimliches Liebespaar, wobei die junge Frau wohl mit einem Flüchtlingstreck aus dem Osten nach Hambühren gekommen war und der Mann zu den im Kaliwerk beschäftigten Zwangsarbeitern gehörte. Die beiden Unglücklichen hatten sich, so erzählt man, kurz vor ihrem Freitod mehrere Wochen lang im nahe gelegenen alten Jagdhaus im Hahnengehege versteckt. Zu ihrem Andenken wurde ein kleiner Gedenkstein am Fuße des Turms aufgestellt. Wann und weshalb dieser Gedenkstein später wieder entfernt wurde und wo er verblieben ist, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.
Schließlich gibt es noch die schöne Geschichte aus dem Jahr 1964 von Heinrich Meyer und dem Wildschwein. Eines Morgens trat der junge Heinrich Meyer seinen Dienst auf dem Feuerwachturm an. Es dämmerte gerade und er machte sich an den Aufstieg auf die Turmspitze. Während er die Stufen erklomm vernahm er merkwürdige Geräusche, deren Ursprung er allerdings zunächst nicht einschätzen konnte. Er rief nach oben, ob sich vielleicht jemand auf dem Turm befände, bekam aber keine Antwort. Also stieg er weiter hinauf, bis er schließlich den oberen Absatz erreichte. Wie er so nach oben kommt, steht dort plötzlich ein riesiger Keiler, der ihm direkt in die Augen blick! Meyer macht auf dem Absatz kehrt und rennt schreiend die Stufen wieder hinunter - direkt verfolgt von dem grunzenden Wildschwein. Ungefähr auf halber Höhe des Turms findet die Jagd dann jedoch ein jähes Ende: Der Keiler gerät ins Stolpern, überschlägt sich mehrmals, durchbricht mit voller Wucht das Geländer des Turms, fällt und schlägt schließlich aus gut 15 Meter Höhe auf den Boden auf. Meyer sieht den Keiler noch am Boden auftreffen, hört den dumpfen Aufschlag, gefolgt von einem schreckenerregenden Quieken des Tieres, das ihm durch Mark und Bein geht. Als sich Meyer dann über die Brüstung beugt traut er seinen Augen nicht, denn das Tier rappelt sich plötzlich auf, schüttelt sich und verschwindet schnaubend im Wald! Daraufhin macht sich Meyer auf den Weg zum Förster, um ihm von den Vorfall zu erzählen. Oberforstmeister Kuntze leitet sofort eine Suche nach dem Tier ein, die allerdings bis in die Abendstunden dauert. Der verletzte Keiler wird schließlich entdeckt und von Kuntze erlegt. Das folgende Foto, welches in Familienbesitz ist, zeigt den Vater von Heinrich Meyer neben dem toten Keiler:
Der erlegte Keiler vom Feuerwachturm [Foto: Privatbesitz Heinrich Meyer] |
So wie der Feuerwachturm vor 40 Jahren verschwunden ist, so verblasst leider auch die Erinnerung an ihn mit jedem Jahr mehr. Nicht zuletzt aus diesem Grund habe ich dem Hambührener Feuerwachturm diesen Beitrag gewidmet - gegen das Vergessen.
Quellen: Archiv der Gemeinde Hambühren sowie Familie Meyer, Wikipedia; Fotos: eigene, bzw. entsprechend gekennzeichnet. Den Feuerturm Hambühren gab es tatsächlich (siehe Karteneintrag), ebenso die Person des Oberforstmeisters Kuntze. Sämtliche anderen Fakten sind jedoch frei erfunden, die Fotos sind ebenfalls nicht echt bzw. wurden bearbeitet. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig. Es handelt sich bei diesem Artikel um einen Aprilscherz!
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